MÄRZ -
MÄRZ - MÄRZ
Donnerstag, 6.3.2003
Jetzt sitze ich hier vor der Tastatur und weiß nicht so recht, wo ich
anfangen soll. Vielleicht damit: von letztem Donnerstag bis Dienstag waren meine
Eltern hier. Wir sind ziemlich viel durch Manchester und Umgebung gelaufen,
waren in einigen Museen (das Museum
of Science and Technology ist wirklich ziemlich super!) und sind
auch nach Chester gefahren (, wo wir in der Tat Käse gekauft haben; und
das obwohl ich Cheddar mit Chester verwechselt habe und der Käse gar nicht
wie die Stadt heißt…). Da das Wetter jedoch nicht so berauschend
war letzte Woche (bewölkt und kühl, manchmal sogar Regen; damit erhöht
sich die Summe der Regentage, seit ich hier bin, auf 8), sind wir nicht nach
Liverpool gefahren, was aber auch nicht weiter schlimm war. Blöderweise
hatten jedoch Kjersti ihren Freund in spe und Mark den Damian zur gleichen Zeit
eingeladen (hervorragendes Timing von Beiden!). Rita und Elin waren auch recht
häufig da, so dass wir am Freitag Abend sage und schreibe 11 Leute in unserem
kleinen Häuschen waren. Am Dienstag war es dann auf einmal schlagartig
ruhig, da alle abgereist und meine MitbewohnerInnen alle arbeiten oder in der
Uni waren.
Apropos Uni: ich hatte gestern meine Präsentation über die Aufführungsgeschichte
von Brecht's "Der gute Mensch von Sezuan" mit anschließendem
Prüfungsgespräch vor 30 Leuten. War aber eigentlich nicht weiter schlimm.
Ich rede ja ganz gerne, wie der ein oder andere wissen dürfte, und je mehr
Leute mir zuhören, desto besser, hehe. Heute habe ich dann die geforderte
Verschriftlichung der Präsentation inklusive Kritik geschrieben. Jetzt
muss ich bis Anfang April noch zwei Hausarbeiten und eine Präsentation
hinter mich bringen. Dann wäre es erstmal geschafft (bis zwei Wochen später
die Uni in Deutschland wieder los geht…).
Falls der ein oder andere Interesse haben sollte: ich habe über ein paar
Kommilitoninnen von der Homepage eines anderen deutschen Studenten, der zur
Zeit hier in Manchester ist, erfahren. Der Kerl an sich scheint zwar eher 'n
bisschen zu "verkabelt" zu sein (PC-Freak), aber die Bilder sind doch
recht nett (teilweise zumindest). Also, wenns euch interessiert, geht mal auf:
www.gnosa.com.
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Mittwoch, 12.03.2003
Dann will ich die Pause zwischen Vorlesung und Seminar doch mal ganz schnell
nutzen, um mal wieder etwas hier zu schreiben. So langsam entwickle ich mich
echt zu einer Nachmittagskinogängerin. Das ist, ehrlich gesagt, aber auch
die beste Zeit: man hat das Kino fast für sich allein (und es ist billiger).
Zudem muss man sich nicht an endlos langen Kinokassenschlangen anstellen, den
permanenten Kampf um die Armstütze mit den Ellbogen ausfechten oder nach
der Vorstellung im Dunkeln nach Hause gehen. Das ist doch was, oder? Gestern
war ich in "11-09-01", einem Film, der wiederum aus 11 verschiedenen
jeweils 11minütigen Kurzfilmen von Regisseuren/innen aus dem Iran, Frankreich,
Aegypten, Bosnien-Herzigovina, Burkina-Faso, United Kingdom, Indien, Mexiko,
Israel, USA und Japan besteht. Es ist schon lange her, dass mich ein Film so
durcheinander gebracht, aber auch so bewegt hat. Es ist aber auch faszinierend,
wie unterschiedlich die einzelnen FilmemacherInnen an das Thema "Terroranschlag
auf das World Trade Centre" herangegangen sind. Einige der Filme enthalten
nahezu komödiantische Elemente, wie zum Beispiel jener aus Burkino-Faso,
in dem fünf Jungen der festen Überzeugung sind, dass Osama Bin Laden
sich in ihrem kleinen Heimatstädtchen aufhält, und, um die $ 250.000
zu bekommen, ihn überwältigen und der Polizei ausliefern wollen. Andere
der Filme, wie zum Beispiel der britische, der bosnische, oder der israelische,
zeigen Grausamkeiten und wichtige Ereignisse in anderen Ländern an eben
jenem oder auch irgend einem anderen 11. September, über die zwar die wenigsten
Bescheid wissen, die jedoch im Leben vieler Menschen tiefe Spuren hinterlassen,
da sie den Verlust von Mitmenschen, Würde oder Frieden symbolisieren. Andere
Film spielen in New York selber, in der Zeit um den 11.9.2001, wie der französische,
der amerikanische und der indische Film (die durch ihre überraschenden
Wendungen im Ende alle drei minutenlanges Mundoffenstehen bei mir verursachten).
An die Substanz geht der mexikanische Film, bei dem die meiste Zeit zwar nur
schwarzes Bild zu sehen ist, der jedoch auf der Ebene des Akustischen besticht
durch Tonbänder von Nachrichtensendungen und - was ich persönlich
zum ersten Mal hörte -von Anrufbeantwortern, auf denen sich die Passagiere
der Flugzeuge und Arbeiter aus den höheren Etagen des WTC von ihren Familien
und Freunden verabschieden. Im Großen und Ganzen also ein sehr empfehlenswerter
Film, den ich mir morgen wohl noch ein zweites Mal anschauen werde. Immerhin
ist dies der erste Film, der mir jemals im Kino eine Träne in die Augen
getrieben hat. Nun kann ich auch sagen, dass die Theorie von diesem Kerl, über
den Gesa und ich mal ein Referat über Tränen im Kino gehalten haben,
zumindest ansatzweise stimmt (Mensch, wie hieß der noch? Lancôme? Ach
nee, das ist ja derjenige, der die wasserfeste Maskara produziert, damit man
die Spuren dessen, was der so-und-so analysiert, nach dem Film nicht sieht).
Am Freitag, wenn Mark wieder aus Irland zurück ist, wo sich der Schuft
wieder einmal aufhält (Neid), kommt Tim, Kjerstis Freund immer noch in
spe, und wir fahren alle zusammen nach Liverpool (wenn es denn klappt). Mal
schauen, wie es in jener Stadt am Mersey so ist.
Ansonsten widme ich mich immer noch mit voller Leidenschaft meinen verbleibenden
Hausarbeiten. Eine über Film und eine über Shakespeare-Verfilmungen
(genauer die "Romeo and Juliet"-Verfilmung von 1996) stehen noch an.
Gestern habe ich einer Dozentin geschrieben und gefragt, ob es OK ist, wenn
ich die Gender-and-the-Gothic-Presentation sausen lasse, da das sonst echt alles
zu knapp wird (jene Presentation ist nämlich wiederum mit einem erneuten
1.500 Wörter-Essay verknüpft). Mal schauen, ob jener Kelch an mir
vorbei gehen wird.
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