Wo war die Grenze?
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Motivation - Vorbereitung - Hinfahrt - Grenztour - Rückfahrt - Fazit |
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Heute startet die Grenzsteintrophy an der Ostsee und ich bin dabei... |
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Meine Unterkunft war mit Bedacht gewählt, das Naturfreundehaus auf dem Priwall lag dem Startpunkt an der Ostsee recht nahe und zu spät zur Grenzsteintrophy kommen wollte ich nicht. Doch genau dies gelang mir dann doch, denn nach einem frühen Frühstück habe ich einen zeitigen Aufbruch mit anderen Gästen des Naturfreundehauses schlicht zerredet, während eilige bunte Gestalten auf geländetauglichen Sportgeräten an mir samt dem noch zu beladenen Rad vorbeifuhren und den Aufbruch anmahnten. Da sich der Zeitpunkt des Startes schon bedrohlich nähert, vergesse ich darüber einfach die Zusammenkunft am Priwall Treff und fahre direkt zum Strand. Doch dort ist niemand zu sehen und erst ein kurzer Anruf beim Initiator Gunnar erinnert mich nun daran! Doch meine Startschwierigkeiten sind noch verhältnismäßig harmlos, verglichen mit denen der anderen Teilnehmer. |
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einzuweihen. Mein nahliegendes Problem ist mein Leichtbauprojekt zum zweiten Mal vom Strand zu wuchten und da kommt mir Albert zur Hilfe, nachdem ich die vorderen Taschen demontiert habe. Während ich mit dem - nun besser zu schiebenden - Rad beschäftigt bin, läßt er es sich nicht nehmen die Taschen vom Strand zu befördern. Angenehm war auch die Escorte von Albert und David bis Dassow, in Formation fahrend werden die unterschiedlichen Fahrlinien deutlich und ich schaffe nicht jedes Loch zu umfahren, welches die beiden locker durchfedern können. Urplötzlich bin ich allein, Dassow wohl erreicht und mein Weg endet ein wenig später im Nichts vor Buschwerk. Improvisierend erreiche ich eine Tankstelle bei Selmsdorf und gönne mir erstmal eine Pause. Gerade unterwegs, relativ nah am Großen Ratzeburger See |
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wage ich kaum meinen Augen zu trauen, denn ich sehe Laufvögel in aller Ruhe zum Ufer ziehen: Halte sie auf die Entfernung - in Unkenntnis der Nandu-Flucht im nahen Groß Grönau - für Emus. Kann es nicht fassen, |
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hinsichtlich der unzähligen Versuche mal die Flamingos im Zwillbrocker Veen zu Gesicht zu bekommen. Wenngleich der - mir neue - Campingplatz Forsthaus Kalkhütte lockt, fahre ich noch bis nach Ratzeburg um in der dortigen Jugendherberge, mit einer funktionfähigen |
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Telefonzelle vor der Tür und der Pizzeria Pinocchio um die Ecke, den ersten aufregenden Tag zu beschließen. Der Morgen ist mäßig gelaunt und unentschieden, welches Wetter mich begleiten soll. Daher suche ich erst die örtliche Stadtbücherei auf, doch meine netten Laufvögel-Bilder |
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darf ich hier nicht versenden und ohne sind meine eMails uninteressant. Zwischen zwei Campingplatz-Neuentdeckungen (Salemer See und Schaalsee) zweifel ich ein wenig an der Streckenführung am Ufer des Schaalsees und frage mich staunend wie eine Tandem-Besatzung diese steile Passage ohne Winde und Bergegurt bewältigen soll. Doch mir selbst steht nun eine ganz andere Herausforderung bevor, der erste Dokumentationspunkt (= Raststätte Gudow) und hier |
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gilt es einen Anruf abzusetzen: Vor dem Start wurde noch ausdrücklich durch die Organisation um die Einhaltung der STVO gebeten und das Zeichen 254 ist recht deutlich zu verstehen. Schnell stellt sich die gesamte Aktion als überflüssig heraus, da das Telefon im Rasthaus gestört ist und ich damit unverrichteter Dinge abziehen darf. Noch auf der Brücke stehend beobachte ich, wie auf beiden Seiten der Rastanlage die eifrige Exekutive ihre Kontrollrunden dreht. Suche mir ein ruhig gelegenes Plätzchen um meinen Unmut hierüber |
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der Organisation kundzutun. Bei Leisterförde verharrt ein kleines Biotop der ehemaligen Grenze als surreales Museum in der Gegenwart, hat es |
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doch bereits einen Umzug hinter sich. Der aufkommende Regen macht Pausen zu einem erfrischenden Vergnügen und erinnert an die dringende Suche der heutigen Unterkunft, so kommt Egge's Gasthof in Güster mir gerade recht. Beim Frühstück höre ich eine Gewitter- und Sturmwarnung für den Großraum Hamburg im Radio, die 75,5% Luftfeuchtigkeit bei 20,5°C vor Ort nähren ähnliche Vermutungen und die geschlossene Wolkendecke läßt keine weiteren Schlüsse zu. In Lauenburg erwartet mich mit einer Tankstelle der nächste Punkt zur Dokumentation, aber das öffentliche Telefon daneben nimmt keine Münzen an. Das nächste Telefon reagiert nicht auf Tastendruck, zeigt mir jedoch den Weg zur Stadt- und Schulbücherei und dort wird mir trotz Mittagspause geholfen. Endlich darf ich meine Laufvögel-Bilder in das weltweite Netz entlassen. Leider hat diese kleine virtuelle Auswilderung zu viel Zeit in Anspruch genommen, so daß die Mittagspause in Lauenburg gestrichen wird. Berlin ist mit kaum mehr als dreißig preußischen Meilen auch schon recht nah, doch mich zieht es mehr zum Checkpoint Harry an die Grenze bei Boizenburg und hier befand sich auch das kleine Stacheldraht-Biotop, bevor es in den Norden umzog. Während ich auf mein Essen im umgewidmeten Kontrollpunkt warte, nutze ich die Zeit und |
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gebe ein Lebenszeichen vor mir. Am fortgeschrittenen Nachmittag ist die große Binnendüne bei Klein Schmölen die Kulisse für einen schnellen |
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Reifenwechsel. Um den Rollwiderstand nach alter Schule zu minimieren hatte ich einen bereits benutzten Mantel montiert und die Karkasse war wohl schon vorgeschädigt. Um weitere Schwierigkeiten zu vermeiden, wurde auch ein neuer Schlauch montiert. Dann geht es mit der Fähre über die Elbe nach Bleckede, dort vermittelt mir die Pension Soetbeer eine Unterkunft bei Soltau / Duchow. Da meine Gastgeber regelmäßig nach Schweden reisen ist für mehr als ausreichend Gesprächsstoff gesorgt! Ab Alt Garge entwindet |
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sich mir schon am Morgen der Trophy-Weg wie eine Schlange, die nur schwer zu packen ist: Es beginnt mit dem Verfehlen eines Abzweigs im Wald, dem Herunterpoltern einer Naturtreppe zu einer Seniorenresidenz, dann ist der Weg kurzzeitig wieder da und letztlich finde ich mich am Anleger einer Fähre wieder. Da der Fehler wohl kaum mehr rückgängig zu machen ist, gönne ich mir zweimal Bötchenfahren und ein wenig Elbradweg bis nach Hitzacker. Dort gilt es den dritten Dokumentationspunkt zu finden. Direkt vor Ort fehlt natürlich eine Telefonzelle und das einzig auffindbare Münz-Telefon streikt leider: Wahrscheinlich, weil ich vom rechten Weg abgekommen bin. Nun stehe ich erneut vor dem Dilemma, auf der einen Seite meinen Standort dokumentieren zu müssen und auf der anderen Seite nur die öffentlichen Telefone benutzen zu dürfen und wäge zugunsten der zeitnahen Rückmeldung ab. |
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Die Eisenbahnbrücke bei Dömitz hat zwar ihre Funktion verloren, aber dominiert ihre Umgebung weiterhin in vollen Schwüngen wie früher. |
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Kaum habe ich die Eisenbahnbrücke hinter mir gelassen, bekomme ich eine Lehrstunde in Betonguß und bin mehr als froh, nicht aus der anderen Richtung auf die Stufe getroffen zu sein. Dieser erlebnisreiche Tag endet im Freizeit- und Campingpark in Gartow, mit dem unbezahlbaren Luxus einer Telefonzelle direkt vor dem Platz. |
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Meine morgentliche Zuversicht wird etwas gebremst, als das launische Telefon meine eigens mitgeführte Telefonkarte zunächst verschmäht. |
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Unweit eines Biberlehrpfades findet sich - nicht unähnlich einer archaischen Trutzburg - der Seeadler-Beobachtungsturm Klaus Bahlsen. |
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Das frühere Grenzgebiet wirkt wie ausgestorben, nur ein Wachtturm erinnert vage an früher und dem Wild gönne ich seine Ruhezone, indem |
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ich den Weg verlasse. Mäandriere nun fröhlich an der früheren Grenze entlang, gönne mir im Ratskeller Wustrow Sauerbraten mit Salzkartoffeln und Rotkraut, lande dann im Landgasthof Schafwedel und beschließe den lauen Abend im hauseigenen Biergarten mit einem erfrischenden Getränk. |
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Der Morgen beginnt mit einem netten Irrpfad durch Wald und Wiesen, wo etliche fliegende Stechtiere von meinem unwiderstehlichen Blut mit Sauerbraten-Aroma angelockt werden. Kaum bin ich diesen Quälgeistern entronnen, mahnt ein einsames Schild aufgrund von Zecken zur Vorsicht. |
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Bei Wendischbrome ignoriere ich die Hinweise auf eine Sperrung und folge einem ortkundigen Radler über einen teilweise zurückgebauten |
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Bürgersteig. Zur Strafe gibt der Boden nach und schickt mich über den Lenker, dank meines tatkräftigen Schutzengels jedoch mit den Füßen zuerst. Verdutzt stehe ich neben dem Rad und drehe den Lenker gerade. |
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Mache eine Pause an der Burg in Brome um den heftigen Schreck zu verdauen, es fehlte nicht viel um diese Reise vorzeitig zu beenden und nehme mir vor nicht mit den Kopf durch die Wand zu wollen |
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Doch bald erweckt eine Staubstraße Erinnerungen an den Norden, wenngleich die deutsche Bürokratie zudem pflichtschuldig warnt! |
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Bin richtig froh, als ich nach diesem Tag in Breitenrode im Hotel Hildebrandt endlich zur Ruhe kommen kann. Breche in der Frühe im noch dichten Nebel auf, fahre dann schlaftrunken zunächst in die falsche Richtung, bemerke dies erst nach einiger Zeit verwundert und drehe dann nach Oebisfelde um. |
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Passiere mit dem Aller-Radweg ein erneutes Beispiel für verwirrende Beschilderung: Das Zeichen 250 ist eindeutig, ab hier sollte auf dem Aller-Radweg geschoben werden! Wahrscheinlich um den folgenden |
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Ausblick nicht zu verpassen, der mir so seltsam bekannt vorkommt. Langsam dämmert es mir: Es handelt sich um Morsleben, der deutschen-demokratischen Antwort auf das bundesrepublikanische Gorleben! Es steht nun an den vierten Dokumentationspunkt zu erreichen, doch der ist nicht eindeutig (Waldkater oder Lappwald) und |
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daher folge ich dem Weg unbeirrbar bis in den Graben der Autobahn. Schließlich konnte ich unweit eines enormen Wachtturms sogar auf diesem einsamen Trampelpfad ortkundigen Rat erlangen und dieser bestätigte die Richtung. Oben an einer Brückenböschung gebe ich auf und fahre schlicht zurück. Werfe noch einen flüchtigen Blick auf den früheren Kontrollpunkt Marienborn-Helmstedt, den ich von einer früheren Besichtigung bereits kenne. Irgendwo im Nirgendwo mache ich eine Pause auf verwaisten Parkplätzen, kümmere mich um meine Waffeln und da spaziert ein Fuchs um die Ecke. Es ist nicht klar, wer mehr überrascht ist! Bevor ich meine Kamera greifen |
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kann, ist das Tier verschwunden. Die Mauer als Grenzdenkmal in Hötensleben prägt den Horizont mit monumentaler Wucht, dem steht der benachbarte Braunkohletagebau in Nichts nach. Weiter geht es nach Schöningen. und dann herauf zum Rand des Elms zur Jugendherberge. |
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Am nächsten Morgen bekommt der Antrieb eine neue Kette bei Schließer Bike, bevor dieser nachdrücklich danach - wie auf der Jungfernfahrt geschehen - verlangt. Der Tag beginnt durchaus vielversprechend, auch eine funktionsfähige Telefonzelle findet sich direkt am Wegesrand |
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und in Hornburg gibt es mit etwas Suchen auch eine geöffnete Pizzeria und frisch gestärkt darf ich am Ortsrand den Schlauch am Vorderrad wechseln. Bald darauf fahre ich über einsame Plattenwege, während über mir ein Kunstflieger waghalsige Flugmanöver vollführt. Ab Suderode kommt mir mein Weg abhanden, denn er endet in einer Sackgasse und der auch nordwestliche Anschlußpunkt führt in die Irre. Dort verdunkelt sich der Himmel und entläd seine feuchte Last, beschließe daher in den nächsten größeren Ort Lüttgenrode zu fahren. Ausgerechend jetzt muß jemand in einer unübersichtlichen Kurve seinen Vorsprung durch Technik ausbauen als ich ihm entgegenkomme und bringt meinen Schutzengel in arge Verlegenheit. Kaum hat der Regen aufgehört, verlangt nun auch das Hinterrad nach einem neuen Schlauch und zwar direkt vor dem Weißen Roß. Dem ersten Anschein nach eine mögliche Unterkunft, aber scheinbar ist niemand da und ich beginne mit der Reparatur: Das unheimliche Gefühl beobachtet zu werden, klärt sich als Besuch eintrifft, sich von der anderen Straßenseite ein Schatten aus dem Gebüsch löst, wortlos an mir vorbeigeht und den Besuch begrüßt! Also weiter nach Vienenburg in die Alte Zollstation, mein heutiger Gastgeber überrascht mich mit der Kenntnis von der Grenzsteintrophy, schließlich sei ich nicht der Erste, der sich hier verfahren hätte und außerdem sei ich spät dran. Diese Information vermag ich erst weitaus später einzuordnen: |
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In der gegenüberliegenden Spielhölle füttere ich einen Computer mit einigen Münzen und schaue wie es den Anderen bisher so ergangen ist: |
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Die Informationsflut wirkt noch nach als ich mich den beschädigten Schläuchen widme und an einem ist tatsächlich das Ventil nicht richtig einvulkanisiert! Martins deutliche Beschreibung bestärkt mein Gefühl, daß der Weg auch im weiteren Verlauf nicht besser dokumentiert sein wird. Zudem scheinen die Trail Rules bei den Dokumentierenden wohl unbekannt zu sein, dabei hatte ich Initiator Gunnar vor knapp zehn Jahren im Rahmen eines Treffens der DIMB kennengelernt. Am nächsten Morgen gilt es mein Material bei Zweirad Wendt zu ergänzen und dazu bekomme ich kundigen Rat zum Grünen Band vor Ort samt Infomaterial. Beschließe |
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diesem Rat zu folgen, um etwas Zeit zum Überlegen zu gewinnen. In Benzingerode folgte die Mittagspause im Lindenhof und der Tag endet recht früh in Thale beim KlosterCamping. Denn dort lockten eine Waschmaschine und ein Trockner, letzteren dürfte ich sogar mit zum Zelt nehmen! Meine |
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damit überaus komplette Ausrüstung stiftete einige Verwirrung bei meinen Nachbarn, wie ich am nächsten Morgen beim Aufbruch erfuhr. Bin unschlüssig, wie es weiter gehen soll, werde den Zufall entscheiden lassen und folge schlicht einem Schild in Richtung Friedrichsbrunn. Der Anstieg ist durchaus mit der Übersetzung 33/28 fahrbar, dann scheint Wasser auf meinen Unterarmen zu kondensieren und ich bemerke wie drückend die morgentliche Hitze schon ist. Am Ortseingang von Friedrichsbrunn gibt es Reibekuchen mit Apfelkompott zum Frühstück, beim Netzkater Mittags Jägerschnitzel mit Nudeln und ab Walkenried bewege ich mich wieder auf dem |
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Pfad der Tugend: Den Brocken umfahren zu haben ärgert mich weitaus weniger als das Elend die kleinste Holzkirche Deutschlands verpaßt zu haben. Der Höhepunkt der Jungfernfahrt mit diesem Rad war ein Besuch des Weltkulturerbes Kizhi in der Republik Karelien. Am späten Nachmittag ziehen sich die Wolken zu und Donnergrollen in weiter Ferne ist zu vernehmen. Die Lichter der Entgegenkommenden unterstützen die Vermutung, da entscheide ich mich gegen weitere Experimente und steuere die Jugendherberge in Bad |
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Sachsa an. Natürlich bleibt das erwartete Gewitter aus und die geballte Energie hängt noch immer in der Atmosphäre. Seit dem Morgen schlängle ich mich wieder gleich einer Äskulapnatter an der früheren Grenze entlang und erreiche gegen Mittag das WestÖstliche Tor südöstlich von Duderstadt. Damit ist auch das Grenzlandmuseum Eichsfeld nicht mehr weit entfernt, wundere mich aber dennoch als ich es |
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erreiche. Mir war nicht klar, daß ich schon im Eichsfeld war. Das Grenzlandmuseum weckte leider nur kurz mein Interesse. Die Waldgaststätte 'Zur schönen Aussicht' lockt und deckt schon eher meine aktuellen Bedürfnisse, nicht nur weil es hier etwas anderes als Wasser gibt, von dem ich heute schon Unmengen getrunken habe. Zur Abwechslung wundere ich mich nun an einer steilen Stelle wie eine Tandem-Besatzung dort an einem Kreuzweg herunterkommen soll. Dies lenkt mich ab von den aufkommenden Magenproblemen, die der Hitze zuzuschreiben sind und mich kaum noch die Kurbeln herumbekommen lassen. Dem Zeckenschild nach passiere ich ein Stückchen Niedersachsen, die anderen Bundesländer waren bislang nicht so fürsorglich. Bereits am Nachmittag gehen mein Wasservorräte zu Neige, doch dies stellt innerorts keinen Problem dar und ich darf meine große Wasserflasche über den Zaun erreichen. Doch ohne diese freundliche Gabe wäre ich wohl nicht in Heiligenstadt angekommen: Allein durch die Vermittlung der Pension Kruse (Bett & Bike-Teilnehmer) komme |
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ich heute abend bei der Familie Adler unter. Und nach dem Frühstück |
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sieht der neue Tag schon wieder ganz anders aus! Zudem habe ich beschlossen dem Weg zu folgen, den ich am Morgen als Ersten finde und heute ist es die Cramer-Route: Gegen Mittag bin an der Burg Hanstein |
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angekommen, verpasse den Schnittpunkt zwischen Cramer-Route und Grenzsteintrophy und lande so auf dem Kolonnenweg hinter der Burg. Verbringe dort etwas mehr als eine Stunde mit der Wegsuche und bei dieser Gelegenheit trete ich so auf einen Stein, daß sich die modische Intarsienarbeit an meiner linken Schuhesohle spürbar nach innen hineindrückt. Während ich den Schuh ausziehe und die Sohle von innen zurückdrücke, hoffe ich nur, daß ich nicht wie 2005 unterwegs neue Schuhe kaufen muß. Dies war wohl die Strafe für das Abkehren vom rechten Pfad: Die Cramer-Route vollführt hier einen eleganten Bogen, während die Grenzsteintrophy pragmatisch den Weg der Sehne nimmt. Davon unbeeindruckt fahre ich ins Tal ab, folge einem beleuchteten Radler bis in den Biergarten vom Lindenhof in Werleshausen und stelle mein Reiserad neben das schalterlose Winterrad mit Dauerlicht. So bekomme ich aktuelle Informationen zum Werratal-Radweg in Verbindung mit einem Salat, nach dem gestrigen Tag möchte ich meinen angeschlagenen Magen |
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etwas schonen. Am Ufer der Werra finden sich neben besorgten Schildern - für mich wieder zu früh - auch kleine Camping-Oasen. Der Tag endet heute in Treffurt bei der Familie Knappe, der Grundriß meines temporären Zuhauses im Anbau begeistert mich durch eine äußerst geschickte Raumausnutzung: Ein kleiner Flur, |
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Schlafzimmer sogar mit Schreibtisch am Fenster mit Gartenblick und kleiner Naßzelle. Eigentlich ein Platz für das Arbeiten fernab des turbulenten Alltag: Statt eines großen Romans schreibe ich hier an meinem Reisetagebuch weiter. Doch der Weg war hier noch nicht zu Ende und die Neugier mahnte zum Aufbruch. Gerade hatte ich noch eine schöne neue Bogenbrücke genutzt und schon stehe vor dem Abgrund, schaue auf die Werra und einsame Brückenpfeiler künden von einer früheren Verbindung. In Creuzburg wartet wieder einer |
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der leidigen Punkte zur Dokumentation in Form einer öden Tankstelle. Den verpasse ich aber, weil es gerade so schön rollt und merke es so früh, daß ein Umkehren noch lohnt. Soll ich extra erwähnen, daß es dort kein Telefon gab? Immerhin hat der Regen seine Chance genutzt und bietet mir ungefragt |
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seine Begleitung an. Kaum bin ich wieder alleine wird es unterhaltsam, die Werra begleitet ein Bohlenweg durch ihre Aue im Naturschutzgebiet Rohrlache. Natürlich fehlt die obligatorische Aufforderung 'Radfahrer absteigen!' nicht und die Reaktionen darauf sind höchst amüsant: Mein Tagesfavorit ist der ältere Herr, der sein Mofa hocherhobenen Hauptes schiebt! Später stehe ich vor einer Furt mit Brücke und kann mich nicht entscheiden. Später fühle ich mich seltsam berührt als das Doppelbock-Fördergerüst in Philippsthal langsam näher kommt. Versuche noch etwas weiter zu kommen, doch das Wetter wird zunehmend schlechter und ich probiere etwas Neues: Umkehren und zurückfahren! Noch vor dem Hotel Rhönblick |
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erwischt mich der Regen und der späte Abend bestätigt mit einem Gewitter meine Entscheidung. Am nächsten Morgen gönne ich mir den Abstecher zum geschichtsträchtigen Haus Hoßfeld an der Brücke der Einheit in Vacha. Dabei verstehe ich nun auch, weshalb gestern abend der Weg im Nichts endete, hatte schlicht innerorts die seitlich versetzte Parallelstraße erwischt und war ihr stur gefolgt! Zurück nach Philippsthal um noch einen letzten kurzen Blick auf den florierenden Kalibergbau zu werfen und dann auf in Richtung |
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des drohenden Unwetters. Beim Point Alpha bin ich mitten drin, schaue mich daher nur kurz um und belustige mit meiner Anwesenheit einige Schulklassen. Gleiches gilt für das Haus auf der Grenze, zumal der Regen nicht nachläßt. Fahre nun nach Geisa hinein und pausiere in der Döner Pizzeria Antalya. Allerdings werde ich heute den Plattenweg wegen des Wetters meiden und hier die Begründung: |
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Übrigens das erste Auto - dem ich damals nach dem Hagelgewitter-Intermezzo aus dem Wald entgegenlief - legte bei meinem Anblick eine filmreife Rockford-Wende hin. Die Idee mit den Landstraßen war nicht schlecht: Das erste Gewitter kann ich so recht gemütlich in der Bushalte in Spahl aussitzen. Um keine Langeweile aufkommen zu lassen, zerlege ich dann in der Bushalte in Neuswarts den Bremshebel, um die vorher zu weit hineingedrehte Stellschraube wieder korrekt zu montieren und in der Bushalte in Günthers entlüfte ich das System mit grünem Entenblut. |
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Für die Freunde der Statistik: Es hat knapp zwei Jahrzehnte gedauert bis die Verlegenheit einer solchen Reparatur unterwegs eintrat. Dazwischen waren nur ab und zu die Beläge zu wechseln. Fahre in Tann an einer interessanten Kombination aus Internet-Cafe und Buchladen vorbei und beschließe mich ein wenig im weltweiten Netz umzuschauen. Mir wird sogar zu neuen Stollen für meine Radschuhe verholfen, indem schnellentschlossen bei Sport & Trachten Walter nachgefragt und kurz auf mein vollbeladenes Rad im Hinterhof aufgepaßt wird. Natürlich war ich nicht der Erste hier... |
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Der Tag endet in der Jugendherberge von Hilders. Der darauffolgende Morgen bietet bei der Beladung des Rades eine Überraschung, an einer der Taschen ist der Adapter an den Haken verschwunden und die Tasche wackelt nun. Zum Glück führe ich seit einiger Zeit Ersatz mit, nur hab ich das Ganze schon vormontiert und ich brauche nun nur ein einzelnes Teil davon. Endlich gelingt die Demontage, da fliegt das Ding in einer idealtypischen Wurfparabel davon und ich hab vor Staunen den Aufschlagspunkt nicht gemerkt! So stramm muß der abtrünnige Adapter vor der ganzen Schaukelei auch mal gesessen haben. Nach gefühlten Ewigkeiten finde ich das Projektil im Kies neben dem Dachrinnen-Fallrohr der Jugendherberge. Jetzt könnte es eigentlich losgehen, sofern ich die Regenbekleidung schon trüge... Am Vormittag kommt südlich von Oberweid der schönste Abschnitt des Tages, den Schautafeln nach befinde ich mich in der Kernzone des Biosphärenreservates Rhön und es ist wunderschön in dieser urwaldähnlichen Umgebung. Leider kühlt der Regen bei jedem Halt merklich, einen Versuch den Eindruck mit der Kamera festzuhalten quittiert diese mit der Forderung den Akku zu wechseln, dazu ist mir der Regen hier eindeutig zu heftig und die Kamera zu wichtig. |
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Henneberg besichtigen kann. Beim morgentlichen Start wirkte das Wetter noch recht unentschlossen, hatte seine recht schlechte Laune |
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wohl verloren. In Behrungen wirkt das Mahnmal Deutsch-deutscher Geschichte als wäre die Zeit eingefroren: Und diese Chance wollte ich |
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nutzen bevor die Uhr wieder zu laufen begann und wieder Leben in den Wachtturm einzog. Da ist es bedeutend angenehmer an der Quelle der Fränkischen Saale zu verweilen, doch kaum wieder unterwegs erinnert das Kreuz aus Streckmetall in seiner Schlichtheit an die Vergangenheit und umso mehr überrascht mich dann der Bayernturm. Da ich noch Besorgungen machen |
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möchte, bleibe in Gauerstadt im Landgasthof Wacker und lasse den Abend im Biergarten ausklingen. Routiniert parierte der Gastgeber dort Avancen zwei unternehmungslustiger Damen aus Thüringen mit den Worten, zwar sei er hier der Chef, aber zu sagen habe er nichts! |
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Die vermeintliche Autobahn-Baustelle entpuppte sich als die entstehende Talbrücke Froschgrundsee für die Neubaustrecke Ebensfeld–Erfurt der Deutschen Bahn. Hier gilt es sich nun unbemerkt hindurch zu bewegen ohne Aussehen zu erregen, doch leider wartet auf der anderen Seite ein Labyrinth von landwirtschaftlichen Sackgassen. Auch die gestrige Ankündigung heute den sechsten Dokumentationspunkt in Sonneberg zu erreichen wird vager, erschwerend kommt hinzu als das Gästehaus Monika mit einer lustigen Grillrunde passiert wird und der Weg kein |
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Ende nehmen will. Schließlich ist der sechste Dokumentationspunkt erreicht, selbst eine funktionsfähige Telefonzelle gefunden und die |
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Tag beginnt mit einem langen Frühstück, die Gastgeberin kennt wohl die Motivationsprobleme an grauen Morgen als passionierte Rennradlerin nur zu gut und reicht eine
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Pfad der Tugend ist wieder erreicht! Im Schieferpark zu Lehesten
wird als Belohung eine Pause eingelegt.
treffe ich unterwegs sogar noch einmal wieder bevor ich in Schlegel bei Familie Brendel eine Unterkunft finde. Der Mini-Zerberus Spike, der
Dokumentation neunzehnter Tag: Mobiltelefon / Schlegel (O-Ton)
gestern noch mein Eintreffen so geräuschvoll gemeldet hat, möchte heute nun an meinem Frühstück beteiligt werden und läßt fast nichts unversucht. Mittagessen gibt es dann nach einem relativ ereignislosen
Vormittag in der Gaststätte Juchhöh im gleichnamigen Ort und schon bin ich in Mödlareuth und das
Deutsch-Deutsches Museum hinterläßt bei mir einen recht zwiespältigen Eindruck: Im Gegensatz zu den anderen Grenzanlagen - davon hatte ich bislang einige gesehen - wirkt diese hier wie etwas zu heißgewaschen und eingelaufen.
Als würde die Mauer hier ihre Jungen aufziehen, die Niedlichkeit kommt der eines jungen Raubtieres gleich, wenn als Vergleich die ausgewachsene Grenzanlage in Hötensleben dazu betrachtet wird und Raubtier bleibt nunmal Raubtier.
Abgelenkt werde ich dann von einem Großelternpaar samt fast erwachsenem Enkel, die dem Ehrgeiz erlegen waren, an den Exponaten sämtliche Fehler zu finden und hierbei war
wohl die hörbar ostdeutsche Herkunft recht praktisch. Dann komme ich durch eine Szenerie, die mich dank westdeutscher Sozialistation unwillkürlich an die Karl-May-Filme
der 1960er Jahre denken läßt: Im Großen Bärenholz erinnert mich der Trogenauer Kalksteinbruch ein wenig
an die Karstgebiete des heutigen Kroatien.
Dokumentation zwanzigster Tag: Mobil / Dreiländereck (O-Ton)
einige Zeit bis ich einen Anruf zur Dokumentation absetzen
kann. Nun gilt es noch sich im Goldenen Buch zu verewigen. Lese erstaunt die epischen Berichte meiner Vorfahrer und und beschließe mich mit folgenden Worten kurz zu fassen.
Meine Strategie ist aufgegangen: Schwach starten, dann stark nachlassen und in der zweiten Woche den Rückstand komfortabel ausbauen! Die Hüter des Goldenen Buches vermitteln mich netterweise an die
Pension Fröschel, dort laufen bereits Vorbereitungen für einen Grillabend und dies ist ein mehr als gelungener Abschluß für diesen Tag.
Motivation -
Vorbereitung -
Hinfahrt -
Grenztour -
Rückfahrt -
Fazit
Es dankt für die Aufmerksamkeit Frank Brächter!
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