Praktikum in Afrika



 
Aktuell

Vorwort
Einleitung
Eingewöhnung
Familienleben
Armut
Arbeit
Akzeptanz
Helfen?
Rückkehr
Rundbriefe 04
Rundbriefe 06
Unterstuetzung

Gregor Betz
Falkstr. 4B
44809 Bochum
0234/9010708
0176/23421787
afrigregor@yahoo.de

Praktikum in Afrika:
BÜHNENWECHSEL – SECHS MONATE LEBEN IN TANSANIA

Ein Erfahrungsbericht

ZURÜCK DAHEIM. WAS IST ANDERS?

Das wieder einleben in Deutschland fiel mir bis jetzt nicht so schwer. Das liegt zum einen daran, dass ich mich riesig auf das Studium und die auf mich zukommende Zeit gefreut habe und zum anderen, dass der Unterschied zwischen meiner Heimat und meinem Gastland so groß waren, dass ich mich oft nach meinen gewohnten Lebensbedingungen sehnte. Schwer habe ich mich nicht mit den Materiellen Kompromissen, die ich eingehen musste, getan. Schwer fiel mir der zwischenmenschliche Aspekt wie der oben beschriebene ungewohnte Stellenwert von Freundschaft und die Kommunikations-Hemmnisse zwischen Generationen und den Geschlechtern.

Natürlich komme ich mit einer stark veränderten Weltwahrnehmung zurück. Viele Deutsche Probleme und die Diskussionen darüber erscheinen mir lächerlich. Auch finde ich, dass die Politik und die gesellschaftlichen Strukturen Europas sehr dynamisch sind, das unsere Systeme gut auf veränderte Situationen reagieren können. Was ich noch weniger hören kann als vor meinem Tanzania-Aufenthalt ist, wenn sich Deutsche beschweren! An anderen Orten unserer Welt leben Menschen für deutlich weniger als einen €uro am Tag und nehmen es so hin und wenn hier mal jemand eine Laus unterm Blatt findet wird gleich ein Nachbarschaftsrat einberufen.

In den letzten fünf Jahren haben wir alle – hauptsächlich in Europa und Teilen Amerikas – die Geburt der so genannten Globalisierungs-kritischen Bewegung miterleben können. Eine ihrer Hauptforderungen ist die Reformierung internationaler Institutionen wie der Weltbank und die Öffnung unserer Märkte. Dabei geben sie an sich für eine Umverteilung des Reichtums in der Welt einzusetzen, also für die Armen der Welt. Ich bin mir sicher, dass der allergrößte Anteil dieser Bewegung dies auch wirklich will, doch sind viele sich nicht im Klaren darüber was die konkreten Konsequenzen ihrer Forderungen sind.

Ich glaube man muss den Menschen in den Entwicklungsländern in erster Linie durch Entwicklungshilfe helfen. Dabei muss die Priorität sein, dass sie sich eine Existenz aufbauen können, was sich mit den Non-Profit-Prinzipien vieler Organisationen widerspricht. Die Länder müssen sich eine unabhängige Wirtschaft aufbauen, wovon in gewissem Maße auch Individuen profitieren würden. Was aber nutzt die Öffnung der europäischen Märkte und eine Gleichberechtigung aller, wenn in den Entwicklungsländern kaum Produkte zum Import vorhanden sind beziehungsweise nur europäische Großkonzerne davon profitieren und die Menschen deshalb trotzdem verhungern? Natürlich müssen auch die Märkte geöffnet werden, das gehört in den Prozess hinein, doch der viel größere Teil für mehr Gerechtigkeit unserer Welt ist die Entwicklungshilfe, die Emanzipation der Menschen.

Dazu gehört, dass wir endlich einsehen, dass wir nicht mehr in diesem hohen Lebensstandard leben können. Es gibt nicht genug Rohstoffe um jedem Menschen ein Auto zu bauen. Wir müssen zurückstecken! Wir müssen mehr verzichten! Auf die viel zu billigen Bananen zum Beispiel, auf den unterbezahlten Kaffee und Tee, auf unsere Milka-Schokolade, da all diese Industrien gegen die Entwicklung dieser Länder arbeiten. Ich fordere nicht einen Rückschritt ins Mittelalter! Wir brauchen nicht auf alles zu verzichten, sondern müssen den fairen Preis für unseren Standard bezahlen, und den zahlen wir halt nur wenn wir die teureren „Fair-Trade“-Produkte kaufen!

Auch muss die Politik es schaffen unsere Sozialsysteme sozialverträglich zu drosseln und gleichzeitig mehr Geld in die Entwicklungshilfe zu stecken. Das dient nicht nur den Menschen der Entwicklungsländer sondern auch unserer eigenen Sicherheit! Wir reichen Menschen sind eine deutliche Minderheit auf diesem Planeten. Wenn unsere aufgeblähten Systeme bis dahin nicht eh schon längst zusammengebrochen sind werden die Benachteiligten in Zeiten von Internet und Handy in nicht zu langer Zeit einen Aufstand unvorstellbaren Ausmaßes organisieren, eine Art Welt-Revolution. Die ersten Zeichen dieser Unruhen haben die Welt unter anderem am 11.9.2001 und kürzlich am 11.3.2004 in Form des islamistischen Terrorismus erschüttert. Die Verantwortung liegt in unseren Händen diese größte Herausforderung unserer Geschichte zu bewältigen. Wir müssen einsehen, dass wir uns nur durch komplette Abschottung vor dem Rest der Welt und seine Unterdrückung oder durch das Teilen unseres Wohlstands vor einer Zukunft der Gewalt und des Terrors schützen können. Ersteres bedeutet ein Leben in sozialer Kälte und Isolation aber mit materiellem Wohlstand. Die zweite Option ist die Öffnung unserer Grenzen, der offene Dialog mit anderen Kulturen und die Bereitschaft für mehr Gerechtigkeit und Frieden auch schmerzhafte Kompromisse einzugehen. Ich plädiere für die Zweite Option!!!