Praktikum in Afrika



 
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Gregor Betz
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Praktikum in Afrika:
BÜHNENWECHSEL – SECHS MONATE LEBEN IN TANSANIA

Ein Erfahrungsbericht

TANZANIA HAT EINEN SUPERSTAR – MEINE ROLLE ALS WEIßER

Tanzanier sind uns Weißen gegenüber sehr selbstbewusst. Sie sind sehr kontaktfreudig, kommen leicht ins Gespräch und scheuen nicht einem verständlich zu machen wie unverschämt sie es von einem finden ohne Kiswahili-Kenntnisse in ihr Land gekommen zu sein. Sehr gewöhnungsbedürftig ist, dass man – wenn man nicht gerade in den Touristengegenden oder in Dar es Salaam ist – auf der Straße wie ein Popstar oder Held behandelt wird. Egal wann man wo hingeht wird man angestarrt. Radfahrer starren einen so lange an bis sie fast vor einen Baum fahren, Frauen hören auf, ihre Wäsche zu waschen, Männer schauen von ihrer Arbeit auf und Kinder hören auf zu spielen und rennen „Mzungu“-rufend hinter einem her oder stehen Stunden lang sich Mutproben ausdenkend vor dem „Mzungu“-Haus um zu schauen was passiert. Weiße Haut wird automatisch mit der englischen Sprache und mit – für ihre Verhältnisse – wahnsinnig viel Geld assoziiert, was ja meist auch stimmt.

Oft habe ich mich sehr unwohl gefühlt so verehrt, fast vergöttert zu werden. Ich habe mir immer gewünscht, dass Tanzanier auch Idole und Vorbilder aus ihrer eigenen Gesellschaft hervorbringen würden. Wer einen „Mzungu“ kannte, der hatte was zu prahlen. Wer einen „Mzungu“ zu Besuch hatte war sich neidischer Blicke der Nachbarn sicher. Wer ein Gespräch mit einem „Mzungu“ auf „Kizungu“ – Englisch – führen konnte war angesehen. Wer mit einem „Mzungu“ die Adresse austauschte oder mit ihm auf einem gleichen Foto auftauchte war wichtig. Ein Tanzania-Besuch ist auf jeden Fall eine äußerst effektive Therapie für Menschen mit Minderwertigkeitskomplexen!!!

Äußerst eigenartig war das Gefühl nach drei Monaten folgendes zu entdecken: Seit dem ich das Kiswahili-Wort für Angst kannte wurde mir plötzlich bewusst, dass Menschen allen Alters Angst vor mir hatten. Es war nicht die Unsicherheit eines Kleinkindes beim Anblick einer anderen Hautfarbe, die nach vorsichtigem Annähern in Vertrauen übergehen kann. Es war tief verwurzelte Angst erwachsener Menschen vor Weißen die sich nie alleine mit mir in einen Raum gewagt hätten und bei einer ruckhaften Bewegung meinerseits drei Meter nach hinten sprangen. Ich habe die Angst mit dem Aberglauben einiger Stämme – vor allem in den Dörfern – begründet.

Deutschland wird trotz seiner nicht unproblematischen Kolonial-Vergangenheit in Tanzania positiv gesehen. Aus heutiger Sicht hat Deutschland den Menschen mehr geholfen als die Briten, die das damalige Tanganyika nach dem ersten Weltkrieg von den Deutschen übernahmen. So tragen die Missionen und Klöster, die zu Kolonial-Zeiten von Deutschen aufgebaut wurden, noch heute stark zur Entwicklung des Landes bei, große Teile des Straßen- und Schienennetzes wurden von Deutschen aufgebaut und die Schriftsprache im Kiswahili, der jetzigen Amtssprache, eingeführt.