Praktikum in Afrika



 
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Gregor Betz
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Praktikum in Afrika:
BÜHNENWECHSEL – SECHS MONATE LEBEN IN TANSANIA

Ein Erfahrungsbericht

Rundbriefe und Fotos 2006

Ihr Lieben, Bochum, den 16.12.2005

Dar es Salaam - InnenstadtKaribu tena sana Masasi! – Willkommen zurück nach Masasi! So verabschiedeten mich die Menschen in Tansania vor knapp zwei Jahren, als sich mein Praktikum seinem vorläufigen Ende näherte.

Seitdem lässt mich diese Zeit nicht mehr los. Nicht nur begegne ich meinen Erfahrungen in meinem vor über drei Semestern begonnenen Studium ständig: „Sozialisation im Kulturvergleich“, „Deutsche Entwicklungspolitik in vergleichender Perspektive“, „Entwicklungshilfekritik“… Auch bei den vielen Photoabenden, Diskussionen und Gesprächen mit Freunden und Fremden sowie den unzähligen Anfragen auf meinen Erfahrungsbericht im Internet (homepage.rub.de/gregor.betz) endet meine regelmäßige Auseinandersetzung mit meinen Erlebnissen nicht. Dieses halbe Jahr hat mein gesamtes Welt-, Menschen- und Selbstbild umgekrempelt und sich dadurch nachhaltig in mich, mein Leben und sicher auch meine Zukunft eingraviert.

Mich hat Tansania gelehrt, dass jeder Mensch an jedem Ort der Welt – trotz der täglich wiederkehrenden und erdrückenden Ungerechtigkeiten – Kleinigkeiten im Leben finden kann, die ihn erfreuen und das Leben lebenswert machen. Das gibt mir die Kraft, mein eigenes Leben zu genießen wie es kommt und mich an seinen Kleinigkeiten zu laben, um auch selber meinen bescheidenen Beitrag für unsere Welt leisten zu können. Nur dadurch, so glaube ich, durch die vielen kleinen Dinge von vielen kleinen Menschen an vielen kleinen Orten lässt sich die gefühlte Ohnmacht bezüglich der globalen Probleme überwinden und unserer Welt zu einem etwas freundlicheren Gesicht verhelfen.

Die Reiselust hat mich nun wieder gepackt. Am 20.2.2006 fliege ich mit einer Freundin für einen Monat zurück nach Tansania. Mit mir mit nehme ich die Neugierde nach den Veränderungen. Wie haben sich das Land, die Stadt, die Organisation und die Gesellschaft entwickelt? Wie werde ich das Land nach den zwei Jahren, in denen ich mich selbst stark weiterentwickelt habe, erleben? Wie wird mein nun etwas professionellerer sozial- und erziehungswissenschaftlicher Hintergrund meine Wahrnehmungen beeinflussen?

Mitnehmen würde ich zudem gerne etwas Geld für MANGONET. Daher an dieser Stelle meine Bitte an Euch, mir ein wenig Geld mit auf die Reise zu geben. Ich werde es vor Ort für ein gemeinnütziges Projekt verwenden.

Zu guter Letzt hoffe ich, auch Euch wieder ein stückweit mitnehmen zu können und Euch an meinen Erfahrungen teilhaben zu lassen. In diesem Sinne: Ninawasalimie! – Ich grüße Euch!

Euer

Gregor


Hallo ihr lieben, Bochum, den 19.2.2006

am 29.9.2003, noch fünf von sechs Monate Tansania-Praktikum vor mir, schrieb ich in mein Reisetagebuch: „Ich freu mich auf die Erfahrungen, auf die Arbeit, ich freu mich auf Mangos, Bananen, Papayas, ich freu mich auf Reisen, ich freu mich aber auch auf den Rückflug nach Deutschland, auf das Studium und auf die Rückkehr hierher nach Tansania.“

Mwananyamala, Stadtteil von Dar es SalaamNoch ein Mal schlafen, dann ist es so weit! Dann geht’s auf, zurück in eine andere Welt; eine Welt, die mit der jetzigen deutschen in meinem Kopf nicht vereinbar ist und vielleicht niemals in eine Realität zu integrieren sein wird.

Ich scheue gerade jeden Versuch, mir meine morgen beginnende Tansania-Reise vorzustellen. Was werden Jessi und ich dort erleben? Was werden wir sehen? Wie wird es uns dabei ergehen? Diese gerade gestellten Fragen sind für mich inhaltsleer, ich schreibe sie und werde mir dabei bewusst, dass ich sie mir nicht selber stellen kann. Ich könnte keine Antworten darauf finden!

Vor zwei Jahren kam ich zurück. Am 1.4.2004 landete ich in Frankfurt am Main, und vom Moment des ersten Aufsetzens auf deutschem Boden an erschien mir meine soeben gemachte Erfahrung surreal. Ich erwachte von einem langen, intensiven Traum – auch Momente des Alptraums waren dabei. Diese rückblickende Wahrnehmung des Unrealen ist seither geblieben. Die Vorstellung des bewussten und realen – sonst unmöglichen – Rückkehrens in den eigenen, so oft berichteten, gedanklich nacherlebten und häufig uminterpretierten Traum ist nicht greifbar.

Nun fliege ich also zurück mit dem tiefgehend zerreißenden Bedürfnis, diesen Traum bestätigt zu bekommen. Daher ist meine Erwartung an, aber auch meine Furcht vor dem vor mir stehenden wesentlich größer als vor meiner unvoreingenommen begonnenen Reise vor zweieinhalb Jahren.

Ich freue mich, mich auch dieses Mal wieder ein stückweit von euch begleitet zu wissen! Meine Vorfreude der letzten Zeit war mir sicher deutlich anzumerken. Doch ich freue mich auch schon darauf, in gut vier Wochen wieder hier bei euch zu sein und euch dann sicherlich von vielen spannenden Erlebnissen erzählen zu können!

Seid lieb gegrüßt, bis bald, euer

Gregor


Hallo ihr lieben, Dar es Salaam, den 22.2.2006

ich wollte mich kurz melden! Wir sind gestern Nachmittag nach 22anstrengenden Flug- und Aufenthalts-Stunden gut in Dar es Salaamangekommen. Gerade domminieren noch die zwei im Betreff erwaehntenEindruecke: Die 37 Grad sind ganz schoen erschlagend! Und dieAugen/Ohren/Nase kommen garnicht mehr nach bei den ganzen neuen Reizen,mit denen wir gerade beschuettet werden. Dennoch fuehle ich michsicherer und wohler als vor 2 Jahren. Mein Kiswahili ist auch nochvorhanden, was sehr hilfreich ist!

Ich werde - wenn die neue Situation ein wenig sacken konnte - einelaengere Mail schreiben. Bis dahin seid alle lieb gegruesst,

euerGregor


Hallo ihr lieben, Dar es Salaam, den 25.2.2006

Bucht von Dar es Salaamvier tansanische Naechte liegen jetzt hinter uns. Mein Koerper hat sich ganz gut an die Hitze gewoehnt, nur die Umstellung auf das andere Essen bereitet meinem Bauch noch leichte Probleme, die aber sicher bald behoben sein werden. Groesser ist die Verwirrung allerdings in meinem Kopf und ich bin mir sicher, dass ich diese auch nicht werde aufloesen koennen.

Ich weiss nur, dass sich etwas zwischen mir und dieser Stadt - Dar es Salaam, wo wir uns noch bis morgen aufhalten werden, bevor wir nach Iringa ins Landesinnere fahren - veraendert hat. Doch wo die Veraenderung, die ich verspuere, herkommt, kann ich nicht sasgen. Hat sich die Stadt veraendert? Wurden einige Haeuser abgerissen, viele andere neugebaut? Gibt es weniger Bettler in der Innenstadt als noch vor zwei Jahren? Ist die Stadt voller geworden - mehr Menschen, mehr Strassenhaenlder, mehr Autos etc.?

Oder hat sich meine Wahrnehmung geaendert? Sehe ich Hunger und Armut auf den Strassen nicht mehr so intensiv? Achte ich auf die Reaktionen der Tansanier beim Erblicken eines Weissen nicht mehr so stark wie vor zwei Jahren? Habe ich einen neuen Wahrnehmungs-Filter aufgesezt?

Oder hat sich meine Erinnerung an erlebtes durch das viele Erzaehlen und Reflektieren sowie durch das Studium geaendert? Habe ich all meine Erfahrungen in den zwei Jahren nachtraeglich ummodifiziert? Ich weiss es nicht!

Felgen-Verkäufer an der Kinondoni-Road in Dar es SalaamIch weiss aber, wie wertvoll mein halbes Jahr in Tansania war. Mir wird immer bewusster, dass der Einblick und noch viel mehr die Integration in eine tansanische Familie, das Teilhaben am Leben und Alltag eines Innenhofes alles andere als selbstverstaendlich sind. Hier in Dar - und auch in Iringa wird es so sein - bekommen wir vom tansanischen Leben nur die hektischen Strassen mit, das anpreisen von Wahren oder von Busfahrten, das Gehupe und die Staus der Strassen. Doch das eigentliche Leben, die Gelassenheit, den Ruhepool der Menschen findet man nicht draussen sondern in und hinter den Haeusern. Ueber diese Erfahrung vorzwei Jahren, die ich in Masasi noch einmal auffrischen koennen werde, bin ich sehr gluecklich!

Ich glaube auch, dass mir die Integration der zwei Welten - Tansania und Deutschland - dieses Mal viel leicher fallen wird. Ich bin nicht nur zum zweiten Mal hier, sondern Jessi ist auch dabei, erlebt alles mit mir. Dadurch webt sich ein Stueck deutscher Realitaet in meine Tansania-Erfahrung ein genauso wie durch Jessi ein Stueck Tansania auchnach Deutschland zurueck kommen wird.

Wie laeuft es in dieser deutschen Welt gerade? Seid alle ganz lieb gegruesst, euer

Gregor


Hallo ihr lieben, Iringa, den 1.3.2006

Dar es Salaam – die Dreimillionenstadt an der Kueste des indischen Ozeans; groesster Hafen; kultureller, politischer und wirtschaftlicher Mittelpunkt des Landes – ist eine sehr hektische Stadt. Selbst um drei Uhr Nachts im Bett in seinem Zimmer kann man sich nicht den vielen verschiedenen Geraeuschen entziehen, und wen es nur das Heulkonzert der Wachhunde und gelegentliches Autohupen ist. Wir sind nun seit vier Tagen in Iringa, 8 Busstunden westlich von Dar und 1600 Meter hoeher, eine sehr andere Welt!

Schuhändler in Iringa - 'worn in the western world'Der Weg hierher war faszinierend! Zuerst weite Trockensavanne, die in dieser Jahreszeit erfrischend gruen ist. Wir haben ein Naturschutzgebiet durchquert, den Mikumi Nationalpark. Drei Elefanten, Zebras, Giraffen und Affen konnte man aus dem Bus am Strassenrand bewundern.

Dann kam ploetzlich ein landschaftlicher Wechsel. Inselberge tauchten zuerst auf, dann fing die Strasse allmaehlich an, sich immer tiefer werdende Taeler hochzuschlaengeln. Die dichte Bewachsung der Haenge – meterhohe Baeume, die zusaetzlich von unzaehligen Rankpflanzen dekoriert waren – wurde die Luft zwar etwas kuehler, aber unertraeglich tropisch feucht.

Wir kletterten weiter die endlos erscheionenden Taeler hoch, bis die Landschaft ploetzlich wieder wechselte, als waeren wir im Zeitraffer in eine voellig andere Gegend katapultiert worden. Die Taeler oeffneten sich langsam, von Tropenwaeldern war keine Spur mehr, nur gelegentlich spendeten Baeume der ansonsten grasigen und von runden Felsbrocken gesaeumten Talebenen etwas Schatten. Die Gegend war viel bewohnbarer, ein Dorf folgte dem naechsten, wohingegen zuvor kaum menschliche Spuren zu sehen waren.

Nun sind wir also in Iringa. Hier schwizt man nicht! Und hier kann man sich zurueckziehen!
Insgesamt scheint es dieser von Deutschen gegruendeten Stadt sehr gut zu gehen. Die Stadt ist in den 115 Jahren seit seiner Gruendung gewachsen, mit ihr die Infrastruktur wie Strassen, Wasser, Stromnetz und Verkehrsmittel. Die Wirtschaft konnte sich langsam aufbauen, die Gesellschaft konnte ihre Erfahrungen sammeln und lernen, aufkommende Probleme zu bewaeltigen.

Das alles steht ganz im Kontrast zur Entwicklung von Masasi, dessen Schicksal ich sechs Monate geteilt habe. Von daher bedeutet mein Aufenthalt hier auch erneut die Ausseinandersetzung mit der Armut in Masasi. Nur einige Beispiele:
Die Staedte sind mit ca. 100.000 Einwohnern aehnlich gross. Iringa ist 115 Jahre alt. Masasi taucht als Stadt erst seit einigen Jahren auf Landtkarten auf. Iringa hat produzierendes Gewerbe: Eine Molkerei, Tomatenketchup, Zucker, Trinkwasser… Die einzige Fabrik in Masasi – die Cashewnuss-Fabrik – arbeitet wegen marodem Management nur 4 Monate im Jahr. In Iringa gibt es sicher 200 mehrstoeckige Haeuser, in Masasi ein einziges. In Iringa sind sicher 60 Strassen geteert, in Masasi eine einzige. 95% der Haeuser in Iringa haben fliessend Wasser, 98% haben Strom. In Masasi sind es vermutlich 3% und 50%.

Die Menschen in Masasi schienen vor zwei Jahren wegen des rasanten Bevoelkerungszustroms der letzten Jahre, der nicht zu stoppen schien, voellig ueberfordert. Hilflosigkeit dominierte das staatliche Handeln. Baute man eine Strasse, wurde sie wegen mangelnder Regenwasserableitung beim ersten Regen unterspuehlt. Baute man einen Regenwasserkanal, konnte man ihn nach jedem Regen vom angeschwemmten Sand befreien, da sonst auch dieser unterspuehlt worden waere. Ich bin sehr gespannt, was wir am Sonntag dort vorfinden warden, ob die Probleme weiter gestiegen sind oder ob auch positives zu verzeichnen sein wird!!

Seid in Deutschland alle lieb gegruesst! Ihr seid zwar gerade weit weg von mir, doch gibt es keinen Tag, an dem ich nicht auch einige Minuten gedanklich ganz zu Hause bin.

Bis bald,
euerGregor


Hallo ihr lieben, Dar es Salaam, den 19.3.2006

'Supermarkt' in Masasi - Mehr gibts nicht!Dar es Salaam, Iringa, Masasi, Dar es Salaam - die letzte Station unserer Reise ist nun erreicht. Und waehrend ihr wahrscheinlich alle sehnsuechtig auf die ersten Anzeichen des Fruehlings wartet, schreibe ich euch diese etwas laengere Mail einen Tag vor unserem Hemflug mit der Vorfreude auf auch-mal-ein-wenig-frieren-koennen.

Die letzten 10 Tage waren fuer mich sehr intensiv. Ich muss die vielen Eindruecke meiner Rueckkehr in meinen sechsmonatigen Wohnort ersteinmal sacken lassen. Die Tage in Masasi waren sehr schoen - auch wenn ich sie mir voellig anders vorgestellt hatte. Auch habe ich durch die Rueckkehr und gerade auch durch die Nicht-Erfuellung meiner erwartungen (was eine Erleichterung fuer mich war, aber mehr dazu gleich) viele meiner erfahrungen von vor gut zwei Jahren besser verstehen koennen, die mir bisher nicht so klar waren.

Wer mich je in Deutschland ueber Tansania erzaehlen sehen hat, der wird sicher meine leuchtenden Augen beim Schwelgen in den Erinnerungen und beim Beantworten vieler Fragen kennen. Das steht im ziemlichen Kontrast zu meinen eigentlich in den sechs Monaten gemachten Erfahrungen - auch wenn es mir schwer faellt, dies in Worten zu erklaeren.

Wenn ich zurueck denke an Erlebnisse, an meine Gefuehle waehrend meines Praktikums, so gab es eigentlich nur die Abende mit meiner Gastfamilie, an denen ich mich wirklich wohl gefuehlt habe. Das war mein rueckzugsort. Dominiert haben aber ganz stark Gefuehle der Einsamkeit, des unerfuellten Redebeduerfnisses, des nicht verstehens und des nicht verstanden werdens, der unerfuellten Hoffnungen und zerstoerten Perspektiven bezueglich der Entwicklung von MANGONET und meiner Arbeit dort und nicht zuletzt energiezaehrenden Krankheitsphasen - Malaria, Cholera... Ich habe dort damals eine grosse Kluft erlebt zwischen den von der Gesellschaft an mich herangetrageneen Rollenerwartungen und meiner eigenen Identitaet. Ich sah mich als zwanzigjaehrigen unerfahrenen Praktikanten und wurde von allen Seiten mit Hilfsbitten ueberhaeuft. Mein eigennuetziges Ziel war es, das Land, seine Kultur und seine Menschen zu entdecken, doch diese Menschen empfingen mich als Messias, der sich aufopfert um ihnen zu helfen. Ich war selber noch perspektivlos was mein eigenes Leben anging, doch die Menschen erwarteten von mir die Patentrezepte fuer ihre eigene Zukunft.

Die Masasi hills mitten in der StadtHinter mir her laufende Kinder; alle Augen auf mich gerichtet wo auch immer ich gehe und stehe; taeglich Einladungen zum Essen; Abschiedsfeiern mit Geschenken, Taenzen, Gesaengen, Reden... All das passte nicht zu meinem Selbstbild. Es baute einen riesigen Erwartungsdruck auf, dem ich unmoeglich gerecht werden konnte und durch den ich mich staendig missverstanden und dadurch unwohl fuehlte. Es bildete - neben allen anderen Phaenomenen der Ferne, des Kulturschocks, des Heimwehs etc. - einen staendigen Schatten ueber meinem Aufenthalt, des mich dieses Mal nicht begleitet hat. Ich hatte jetzt das Gefuehl als der empfangen zu werden, der ich war - als jemand, der nach zwei Jahren in einen Ort zurueckkehrt um ihn zu besuchen.

Woher aber dann - trotz dieses Schattens vor 2 Jahren - das Leuchen in den Augen, dass auch schon in meinen damaligen Rundmails, Briefen und Telefonaten sowie meinem Praktikumsbericht auf meiner Homepage zum Ausdruck kam? Das kam nicht von den Erfahrungen selber, sondern von der Erfahrung der Erfahrung - ich weiss ich schreibe in Raetseln! Wenn ich mit einem Gluecksgefuehl durch Masasi lief, so kam das vom Glueck, all dies erleben zu duerfen - so schwer es auch meist war. Wenn ich am Telefon begeistert erzaehlte, dann kam die Begeisterung von meiner erlebten Horizonterweiterung selbst, nicht von der Art der Horizonterweiterung. Und wenn ich mit leuchtenden Augen mein Fotoalbum kommentierte so vor allem deshalb, weil ich mit Tansania das Finden meiner Heimat und ein Stueckweit meiner eigenen Identitaet verbinde. Zwar geschah all dies in Abgrenzung zu, aber dennoch durch und in Tansania. Das ist - neben all den faszinierenden, ueberraschenden, komischen, ruehrenden und erhellenden Erlebnissen - ein Grund, weshalb Tansania fuer mich immer eine wichtige Rolle in meinem Leben spielen wird - auch wenn ich hier womoeglich nie mehr laenger als einige Wochen leben werde.

Masasi hat sich - so mein Eindruck nach den 10 Tagen dort - erheblich veraendert. MANGONET ist - nach der Gruendungs- und Startphase - nun an einem entscheidenden Punkt angekommen. Entweder das Netzwerk wird in seinem eigenen Sumpf versinken und Bedeutungslosigkeit erlangen. Doch die Chancen stehen ganz gut, dass die Organisation neben vielen kleinen Projekten sich zu einer der treibenden Kraefte der Entwicklung von Masasi entwickelt. Die gut 1500 Euro, die ich vor unserer Reise gesammelt habe, gehen in eine Antenne und eine Satellitenschuessel, die nicht nur 50 PCs ans Internet anschliessen kann - wodurch etwa 500.000 Menschen naehrer an die Welt ruecken wuerden. Das Internet bietet vielmehr auch die einmalige Chance, durch die Einnahmen des Internetcafes und der privaten Einwahlgebuehren das erste Mal Projekte eigenstaendig finanzieren zu koennen und sich somit von der Abhaengigkeit von internationalen Sponsoren etwas zu loesen. Wenn dies gelingt wird MANGONET seine Potentiale viel besser ausnutzen koennen.

Auch die Stadt hat sich entwickelt. Es gibt eine zweite Teerstrasse (!!!), die Zahl der Pensionen hat sich verdoppelt was fuer mehr wirtschaftliche Aktivitaet spricht, eine zweite Bank ueberlegt eine Filiale zu eroeffnen, ein zweites Trinkwasserrohr wird bald die Stadt mit mehr Wasser versorgen und ein Flugunternehmen will Masasi bald woechentlich anflieben. Mal schauen, wie es in 2 Jahren dort aussieht!

Nun geht unsere Zeit hier bald zu Ende. Leider wurden wir in den letzten Tagen von einer Pechstraene verfolgt. Men Handy und mein Taschenmesser wurden gestohlen, beim Oeffnen einer Taxituer ist mir die Scheibe in tausend Scherben zersprungen und die Busfahrt zum Flughafen nach Mtwara war unsicher weil ein Teil der Strasse vom Regen weggespuehlt wurde und eine abenteuerliche Flussueberquerung zu Fuss noetig wurde. (Welch Ironie, dass gerade in dem Moment, in dem ich die Suche nach meinem Handy aufgebe, im Radio der Pension in Mtwara das Lied "Don't worry, be happy" lief... Auf der Matratze, so entdeckten wir am Morgen unter dem weggestrampelten Laken, stand uebrigens ganz oft "happy".) Auch lagen Jessi und ich gestern beide mit hohem Fieber und einem Darminfekt im Bett, so dass wir durch die Krankenhauskosten in ein leichtes finanzielles Problem gerieten und wir den heutigen und morgigen Tag vor unserem Abflug morgen um 22>10 Uhr sehr ruhig und zu Hause verbringen werden.

Bald sind wir wieder da!!! Wir freuen uns auf Deutschland und auf euch alle! Ganz liebe Gruesse, euer

Gregor

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