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Bildbeschreibung
Was ist geistige Behinderung ?
Klassifikation von geistiger Behinderung nach ICD-10
und DSM-IV
Ursachen von geistiger Behinderung
Häufigkeit des Auftretens von geistiger Behinderung
Entwicklungsverlauf bei geistig behinderten Kindern
Verhaltensstörungen bei geistiger Behinderung
Ursachen von psychischen Störungen und Verhaltensstörungen bei geistig Behinderten
Soziale Kompetenz
Selektive Wahrnehmung
Soziale Informationsverarbeitung bei Kindern
Überprüfung der sozialen  Informations- verarbeitung bei geistig behinderten Kindern
Aufmerksamkeitsverhalten bei geistig behinderten Kindern
Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung von Emotionen und sozialer Kompetenz bei Kindern
Trainingsprogramme zur Verbesserung der sozialen Kompetenz
Literatur
pix Dr. Sven Bielski - Geistige Behinderung und soziale Kompetenz
Entdeckungen 1 Entdeckungen 2 Entdeckungen 3 Entdeckungen 4 Entdeckungen 5
 
   
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Klassifizierung von geistiger Behinderung nach dem ICD-10  und dem DSM-IV


Nach Eggert (1979) besitzt das Klassifikationssystem der Weltgesundheits-Organisation (WHO) in der Beschreibung von geistiger Behinderung die größte Bedeutung. Im ICD-10 wird anstatt des Begriffes ‘Geistige Behinderung’ der Terminus ‘Intelligenzminderung’ benutzt.

Nach dem ICD-10 ist eine Intelligenzminderung
„...eine sich in der Entwicklung manifestierende, stehen gebliebene oder unvollständige Entwicklung der geistigen Fähigkeiten, mit besonderer Beeinträchtigung von Fertigkeiten, die zum Intelligenzniveau beitragen, wie z.B. Kognition, Sprache, motorische und soziale Fertigkeiten. (....) Das Anpassungsverhalten ist stets beeinträchtigt, eine solche Anpassungsstörung muß aber bei Personen mit leichter Intelligenzminderung in geschützter Umgebung mit Unterstützungsmöglichkeiten nicht auffallen" (Dilling, Mombour & Schmidt, 1993, S. 254).

Im Folgenden wird die Einteilung der Grade der Intelligenzminderung nach dem ICD-10 der WHO dargestellt (vgl. Dilling et al., 1993).

F 70 Leichte Intelligenzminderung
Unter leichter Intelligenzminderung wird der Intelligenzbereich zwischen 50 und 69 verstanden. Folgende Bezeichnungen sind für diesen Bereich gebräuchlich: Schwachsinn, leichte geistige Behinderung, leichte Oligophrenie und Debilität.

F71 Mittelgradige Intelligenzminderung
Diese Diagnose beschreibt den Intelligenzbereich zwischen  35 und 49. Es werden folgende weitere Begrifflichkeiten synonym benutzt: Mittelgradige geistige Behinderung, mittelgradige Oligophrenie und Imbezillität.

F 72 Schwere Intelligenzminderung
Es wird von einem Intelligenzbereich zwischen 20 und 34 ausgegangen. Zusätzlich verwendet werden hierfür die Begriffe: Schwere geistige Behinderung, schwere Oligophrenie.

F 73 Schwerste Intelligenzminderung
Mit dieser Diagnose werden Menschen mit einem geschätzten IQ von weniger als 20 versehen. Andere Bezeichnungen hierfür sind: Schwerste geistige Behinderung, Idiotie, schwerste Oligophrenie.

F 78 Sonstige Intelligenzminderung
Hierunter werden Intelligenzminderungen verstanden, deren Einstufung mit den klassischen Verfahren (Intelligenztests) aufgrund zusätzlich bestehender Behinderungen ,wie z.B. Taubheit, Blindheit, Stummheit, sowie eventuell zusätzlich bestehender Verhaltensstörungen nicht möglich sind.

F 79 Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung
Klienten werden in diese Kategorie eingestuft, wenn nicht ausreichend genug Informationen vorliegen, um sie in eine der zuvor dargestellten Gruppe einzustufen. Andere Begrifflichkeiten für die Kategorie F 79 sind: Nicht näher bezeichneter Schwachsinn, nicht näher bezeichnete geistige Behinderung, nicht näher bezeichnete Oligophrenie.

Die Kategorien F 71, F 72 und F 73 sind in etwa deckungsgleich mit den deutschen Graden der geistigen Behinderung (vgl. Tabelle 1). F 71 ist annähernd identisch mit der deutschen Einstufung „Lernbehinderung". Nach Bach (1974) werden Menschen mit einem IQ zwischen 60±5 und 80±5 in die Kategorie Lernbehinderung eingestuft.

Im ICD-10 werden an der vierten Stelle Störungen der Anpassung an die Anforderungen des täglichen Lebens beschrieben. Dieses sind:

    F7x.0 Keine oder geringfügige Verhaltensstörungen
    F7x.1 Deutliche Verhaltensstörungen, die Beobachtung oder Behandlung erfordern
    F7x.2 Sonstige Verhaltensstörungen
    F7x.9 Nicht näher bezeichnete Verhaltensstörungen
Die Klassifizierung von psychischen Störungen nach dem DSM-IV der American Psychiatric Association (APA) wird anhand von fünf verschiedenen Achsen vorgenommen (Saß et al., 1996). Die Achsen sind in Tabelle 3 dargestellt. Geistige Behinderung wird nicht, wie zu erwarten wäre, in Achse I, sondern in Achse II klassifiziert. Dieses geschieht aus folgendem Grunde:
„Die Auflistung von Persönlichkeitsstörungen und Geistiger Behinderung auf einer separaten  Achse stellt sicher, daß das mögliche Vorliegen von Persönlichkeitsstörungen und Geistiger Behinderung auch dann nicht übersehen wird, wenn sich die Aufmerksamkeit auf die normalerweise auffälligeren Achse I Störungen konzentriert" (Saß et al., 1996, S. 18).

 

Tabelle 3: Klassifikationsachsen des DSM-IV (nach Sass, Wittchen, & Zaudig, 1996, S. 17)


       
Die Kodierung von Störungen auf Achse II bedeutet nicht, daß diese sich grundsätzlich von den auf Achse I festgehaltenen Störungen unterscheiden.
Geistige Behinderung wird im DSM-IV und im DSM-III-R zusammen mit tiefgreifenden Entwicklungsstörungen unter dem Oberbegriff ‘Entwicklungsstörungen’ zusammengefaßt (Petermann & Lehmkuhl, 1996).
Im DSM-IV wird geistige Behinderung anhand von drei Kriterien diagnostiziert (nach Saß et al., 1996):
    A) Unterdurchschnittliche allgemeine intellektuelle Leistungsfähigkeit.
    B) Starke Einschränkung der Anpassungsfähigkeit in mindestens zwei der folgenden Bereiche: Kommunikation, eigenständige Versorgung, häusliches Leben, soziale zwischenmenschliche Fertigkeiten, Nutzung öffentlicher Einrichtungen, Selbstbestimmtheit, funktionale Schulleistungen, Arbeit, Freizeit, Gesundheit und Sicherheit.
    C) Der Beginn der Störung muß vor dem Alter von 18 Jahren liegen.
Die drei Kriterien zur Diagnosenstellung einer geistigen Behinderung sind identisch mit den Kriterien der AAMR aus dem Jahre 1992 (vgl. Punkt 1.1.2).

Im DSM-IV werden fünf verschiedene Abstufungen von geistiger Behinderung unterschieden (vgl. Tabelle 4).

Tabelle 4: Vergleich von DSM-IV Kategorien und ICD-10 Kategorien (nach Sass, Wittchen, & Zaudig, 1996, S. 75)

Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß die Unterschiede in den Klassifikationssystemen der WHO, der APA und der AAMR gering sind. Gemeinsam haben alle drei Klassifikationssysteme die drei Faktoren:
 
    a) Unterdurchschnittliche Intelligenz
    b) Probleme im adaptiven Verhalten
    c) Beginn der geistigen Behinderung in der Entwicklungsphase