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Das Siegel
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Bildbeschreibung
Was ist geistige Behinderung ?
Klassifikation von geistiger Behinderung nach ICD-10
und DSM-IV
Ursachen von geistiger Behinderung
Häufigkeit des Auftretens von geistiger Behinderung
Entwicklungsverlauf bei geistig behinderten Kindern
Verhaltensstörungen bei geistiger Behinderung
Ursachen von psychischen Störungen und Verhaltensstörungen bei geistig Behinderten
Soziale Kompetenz
Selektive Wahrnehmung
Soziale Informationsverarbeitung bei Kindern
Überprüfung der sozialen  Informations- verarbeitung bei geistig behinderten Kindern
Aufmerksamkeitsverhalten bei geistig behinderten Kindern
Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung von Emotionen und sozialer Kompetenz bei Kindern
Trainingsprogramme zur Verbesserung der sozialen Kompetenz
Literatur
pix Dr. Sven Bielski - Geistige Behinderung und soziale Kompetenz
Entdeckungen 1 Entdeckungen 2 Entdeckungen 3 Entdeckungen 4 Entdeckungen 5
 
   
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Selektive Wahrnehmung
 
Die Fähigkeit, soziale Situationen erfassen zu können, beinhaltet deren Wahrnehmung, Verarbeitung und Interpretation. Um eine Situation wahrnehmen zu können, muß die Aufmerksamkeit des Kindes zuerst auf diese Situation gerichtet werden. Da es jederzeit einer derart großen Vielfalt von Reizen ausgesetzt ist, die sein kognitives System in ihrer Gesamtheit nicht verarbeiten kann, muß eine Fokussierung auf einen bestimmten Teil dieser Reize durchgeführt werden. Das Kind muß also eine selektive Wahrnehmung entwickeln.

Selektive Aufmerksamkeit bedeutet, daß das Kind nur die relevanten Aspekte in die Situationsverarbeitung einbezieht und überflüssige Elemente nicht beachtet (Holtz, Eberle, Hillig & Marker, 1995). Rauh (1979) sieht im Mangel an gesteuerter und gerichteter Aufmerksamkeit, in der Schwierigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, eines der Hauptprobleme geistig Behinderter. Dieselbe Ansicht vertritt auch Spreen (1978). Er behauptet, daß geistig Behinderte in Testsituationen versuchen sich allen Aspekten der Versuchssituation gleichzeitig zuzuwenden und es dabei versäumen, ihre Aufmerksamkeit auf die relevanten Aspekte der Aufgabe zu richten.

Am Anfang der Wahrnehmungsentwicklung steht die überselektive (oder zu grobe) Aufmerksamkeit. Hier werden nur wenige Aspekte aus einem vielfältigen Reizfeld herausgehoben und oft nur über einen Wahrnehmungskanal aufgenommen und verarbeitet (Ross & Petermann, 1987). Diese Phase der Wahrnehmungsentwicklung dauert bei normal entwickelten Kindern etwa bis zum Schulalter. Vor allem geistig behinderte Kinder zeigen allerdings nach Untersuchungen von Loovas auch in diesem und höheren Alter noch überselektive Aufmerksamkeit (Holtz et al., 1995; Ross & Petermann, 1987). Nach der überselektiven Aufmerksamkeit folgt die Phase der überinklusiven (oder zu feingliedrigen) Aufmerksamkeit. Hier passiert fast das Gegenteil der vorhergegangenen Phase. Das Kind richtet seine Aufmerksamkeit auf mehr Aspekte, als zur Lösung der Aufgabe notwendig sind. Diese Phase dauert bei normal entwickelten Kindern bis etwa zum Beginn des 12. Lebensjahres an. Das Ende der Aufmerksamkeitsentwicklung ist mit der danach beginnenden selektiven Aufmerksamkeit erreicht.
Oerter und Dreher (1995) beschreiben zwei Hauptvorteile, die das Kind, das selektive Wahrnehmung ausbildet, erwirbt:

    · Die Berücksichtigung der wesentlichen Dimensionen und Aspekte einer Aufgabe
    · Die Einsparung von Speicherplatz im Arbeitsgedächnis.
In Tabelle 8 sehen wir die Aufmerksamkeitsentwicklung bei normalen Kindern, mit den entsprechenden Entwicklungsphasen nach Piaget, dargestellt. Die Entwicklungsphasen dauern, abhängig vom Behinderungsgrad, bei geistig behinderten Kindern entsprechend länger. Ein großer Teil der geistig behinderten Kinder erreicht die Phase der selektiven Aufmerksamkeit nicht.
 

Tabelle 8: Entwicklung der Aufmerksamkeit bei normal entwickelten Kindern